Vorwort
Bendorfs bewegte Vergangenheit über viele Jahrhunderte hinweg hat schon immer das Interesse von sehr vielen Autoren und Chronisten geweckt. Über Bendorfs Geschichte gibt es eine reiche Fülle an Dokumenten, Aufzeichnungen und Erzählungen, welche die Vergangenheit unserer Heimat aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln widerspiegeln. Es erscheint mir daher äußerst reizvoll, einige wertvolle heimatkundliche Aufsätze aus dieser Fülle von Veröffentlichungen erneut der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Ein Problem ist es allerdings, dass von vielen dieser ehemaligen Autoren – trotz sorgfältiger intensiver Recherche – keine Angaben zum Copyright auffindbar waren. Diese Autoren haben ihre Arbeiten überwiegend in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg in verschiedenen Publikationen veröffentlicht. Etliche Zeitungen, wie beispielsweise die alte „Bendorfer Zeitung“ oder die Koblenzer Zeitung, sowie Heimatblätter und dergleichen wurden aber spätestens 1937 eingestellt. Ab 1937 veröffentlichten nämlich die damaligen Machthaber in den parteieigenen NS-Presseorganen viele dieser Artikel erneut – ohne Nennung der Autoren, wie man sich denken kann.
Ein Inhaber der Rechte für den folgenden Artikel ist der GGH nicht bekannt; sollte es aber einen geben, so bitten wir höflichst um Nachsicht und entsprechende Informationen, die wir dann gerne und umgehend berücksichtigen werden.
Der erwähnte Aufsatz erschien in: Koblenzer Heimatblatt 7. Jahrg., 1930, Heft 5
Für die Einstellung ins Internat wurde er entsprechend bearbeitet von W.Kutsche.
Zwei alte Beschreibungen des Ortes Bendorf
Mitgeteilt von A. Elsen, Bendorf.
Bendorf im Jahre 1746.
Im Jahre 1746 erstattete der damalige Amtsverwalter Johann Arnold Ebhard einen Bericht über „Amt und Flecken Benndorf“, der interessante Einblicke in das Wirtschafts- und Erwerbsleben seiner Zeit gestattet. Der Bericht ist besonders dadurch wertvoll, weil kaum 20 Jahre vorher erst die Eisen- und Hüttenindustrie in Bendorf und überhaupt im Neuwieder Becken Fuß gefaßt hatte. Je wichtiger diese Industrie in der Nachzeit für die Entwicklung des Ortes werden sollte, umso wichtiger erscheinen auch die ersten Anfänge industrieller Ansiedlung.
Der Bericht hat folgenden Wortlaut:
Der Flecken Benndorff liegt zwischen denen Churtrierischen Aemtern Vallendar und Engers, deren jener oberhalb am Rhein gegen Morgen, dieses aber unterhalb Rheins gegen Abend gelegen, gegen Mitternacht stoßt er auf das Gräfl. Wiedische Kirchspiel Grenzhausen und auf das Trierische Kirchspiel Nauroth, gegen Mittag aber macht der Rhein die Grentze. Das ganze territorium hat in der Breite von Morgen gegen Abend ohngefähr 1/2 Stunde, in der Länge aber von Mittag gegen Mitternacht fast zwei Stunden. Das Erdreich ist durchgehends, sonderlich nach der Rheinseite zu, sehr gut und fruchtbar, hat schönen Obst- und Wießwachs, gute Weinberge und Ackerbau, ziemliche Waldung und viele Lehmhecken.
Der Flecken selbst ist ziemlich groß mit Ringmauren und 4 Thoren und 183 Einwohnern, nebst 2 Beysassen und 9 Juden-Familien. von denen ersteren 35 lutherischer, 17 reformierter und 133 catholischer Religion sind. Die evangelische Religion-Verwante haben eine räum-liche Kirche, worin alle Einwohner ohne Ausnahme eingepfarrt sind, die catholische aber gleich darneben eine Capelle. Die Unterthanen nehren sich mehrentheils außer etlichen, so auf dem Bergwerk ar-beiten, vom Acker- und Weinbau, darneben wird aber auch mit Wein, Frucht und anderen Sachen Handel getrieben.
Unter denen vielen, mehrenteils adlichen Höfen, hat es hier auch einen herrschaftlichen Hof, welcher in relatione des Syburger Mittel- und des Laacher-Niederhofs der herrschaftliche Oberhof genannt wird. Darzu gehören außer denen erfaßbaren Gütern auch herrschaftliche ländereyen, Weinberge, Wießen und Hecken, welche entweder gegen den Dritten an privatos überlasen oder sonsten verpachtet werden.
Außerhalb des Fleckens kommt in Betracht:
1. das Fehr übern Rhein, welches zwar ca. annum 1000 et 70 (Anm. W.K.: hier müsste es 700 heißen) von hiesiger Landesherrschaft an 2 trierische Unterthanen in dem hier gegenüber gelegen Ort Sebastian – Engers verpachtet, auch 1709 von neuem an 2 hiesige Bürger überlassen, auf contradiction von Churtrier aber nachgehens wieder hinterstellet worden.
2. Etliche Gebäude, wohin gehören
a) die zwo herrschaftlichen Mühlen, worzu alle Einwohner gebauet sind,
b) die herrschaftliche Ziegelhütte, welche eine Stunde vom Flecken gelegen,
c) die Eisen-Schmelzhütte, welche in gutem Stande und von Herr Commerzienrath Remy betrieben wird,
d) der Eisenhammer hinter Steinebrück, Herrn Hoffmann aus Rotterdam gehörig.
3. Die Eisenbergwerke. Solche Sind wegen Kostbarkeit der Werker in sehr gutem Stande und an gutem Ertz ergiebig und haben viele sowohl einheimische als auch ausländische dabey ihre reichliche Nahrung, gnädigste Herrschaft ziehet von dem gewonnenen Stein den Zehnten.
Im Walde wird die Euler- und Tobackspfeifen-Erde gegraben, davon erstere an die Kannenbecker in Grenzhausen, letztere aber an Anton Kirberger verpachtet ist. Die Sand- oder Bruchsteine, deren in etlichen Gruben hier gehauen werden, thun beym bauen gute Dienste und tragen gnädigster Herrschaft eine jährliche Pacht.
Zum hiesigen Amt gehöret endlich gewissermaßen das Wiedische Dorf Alsbach, allwo ein gnädigster Herrschaft zuständige Hof, wozu die Höfer von herrschaftwegen an- und in Pflichten genommen werden und auch in ihrem Forst oder Wald dero Hoheit und Jurisdiktion unterwürfig sind, dabero von hier aus alljährlich der Bürgermeister und die Förster daselbst angesetzt werden.
Beschreibungen des Ortes Bendorf
Bendorf im Jahre 1787
Mitgeteilt von A. Richter, Mechernich.
In alten, aus dem Ende des 18. Jahrhunderts stammenden Aufzeichnungen finden wir ausführliche Notizen von unbekannter Hand über die Geschichte von Bendorf, sowie eine Beschreibung des Fleckens zur Zeit der Niederschrift; diese ist, wie aus einer Bemerkung hervorgeht, im Februar des Jahres 1787 verfaßt worden. Die geschichtlichen Notizen bringen nichts, was der Forschung nicht bekannt wäre; dagegen ist die Mehrzahl der anderen Aufzeichnungen kulturgeschichtlich interessant. Wir bringen hier einen Auszug in der Schreibweise Originals:
„Der Boden um Bendorf herum ist leicht zu bebauen. Am Pflug wird nur einer, sehr selten zwei Ochsen gebraucht, den ein Knabe von 4 Jahren regieren kann, und die Erde gibt alle Getreidearten reichlich zurück. Waizen, Korn und Gerste sind die gewöhnlichsten Sorten; Spelz und Haber gedeihen wegen Hitze und Fettigkeit des Bodens nicht. Das Korn reicht aber zum Bedürfnis der Einwohner nicht aus, denn dieses erfordert noch einen jährlichen Ankauf von ungefähr 1000 Maltern, welcher Abgang jedoch vom gezogenen Wein, Waizen, Gersten, weißen Bohnen, allerley Sorten guten Obsts überflüssig ersetzt wird. Das Bendorfer Obst, worunter viele ausländische Sorten sind, wird vorzüglich als besonders zart und edel geschätzt und an vielen Orten verkauft. Vor 80 Jahren ist nur ein Borsdorfer Apfelbaum hier gewesen, dessen Früchte, weil man sie nicht gekannt, den Schweinen hingeworfen wurden; jetzt sind sie häufig, und wird die Last, wie sie eine Weibsperson auf dem Kopf trägt, mit 1-2 Rthlr, bezahlt.
Außer dem Handel, der mit Wein, Früchten, Holländischen und anderen Waaren getrieben wird, macht einen Hauptzweig der Nahrung das Eisen- Berg- und Hüttenwerk aus, dessen Betrieb unter der Firma Remy, Hoffmann in Comp, bekannt ist. Dieses Werk bringt im Flecken viel Geld in Umlauf. Nur wäre zu wünschen, daß es aus eigenen Bendorfischen Waldungen mit den benötigten Kohlen könnte versehen werden, welche jetzt auf der Mosel aus fremden Wäldern müssen beygefahren werden. Auch das Sayner Hütten- und Hammerwerk verschafft dem Flecken eine Nahrungsquelle; denn Bendorfer Fuhrleute und Krämer verdienen daher viel Geld.
Zwei andere Landesprodukte sind noch merkwürdig, die nicht allenthalben und nur an wenig Orten gefunden werden.
1. die Töpfer- und Pfeifenerde,
2. die Sand- oder Dausteine.
Die beyden Erdsorten werden im Walde gegraben, und die Töpfererde wird von der benachbarten Kannenbecker-Zunft in Grenzhausen, welche das bekannte steinerne Geschirr backt, und wovon auch ein Meister zu Bendorf wohnt, zu ihrem Handwerk verbraucht; die Pfeifenerde aber wird meistens nach Holland und in andere Länder verführt, wovon die Landesherrschaft jährlich 4-500 Gulden Pachtgelder zieht. Der Beamte Ebhard zu Bendorf hat zweiy verweiste junge Bürgersöhne in eine auswärtige Pfeifenfabrik in die Lehre gethan und macht sich Hoffnung, an diesen Kindern zwey gute Meister ansässig zu machen
Die Sand- oder Dausteine werden in freyen Felde aus einer 10 bis 15 Schuh unter der Erde liegenden, dicht auf einander gebackenen Maße groben Sand- oder Bimssteine mit breiten Beilen, ausgehauen, sie sind beym Bauwesen ein sehr nützliches und leichtes Material, werden auf dem Rhein, der Mosel und Lahn stark verführt und haben ihr Daseyn wahrscheinlich von sehr alten Zeiten her einer Ueberschwemmung, wovon sie Bodensatz geblieben, zu verdanken, welches nicht nur die über die Masse ganz regelmäßig und horizontal liegenden Schichten reineren Sandes, sondern auch die in der Masse sich zuweilen befindlichen Knochen, Schneckenhäuschen, Stückchen Holz und Blätter zu bestätigen scheinen
Mit allerley guten Handwerken ist der Flecken hinlänglich versehen, diese haben sich, die Kramer, Hutmacher, Strumpf- und Wollenweber, Becker und Gärtner in zwey Zünfte, nämlich in die Hammer-Zunft und die Rothgerber- und Schusterzunft eingeteilt. Es verdient aber keine Werkstätte den Namen einer Fabrike oder Manufactur, man müßte denn eine Werkstätte, wo zwey Brüder mit einfachen Instrumenten allerley selbst erfundenes Kinderspielwerk von Holz verfertigen, das weit und breit verwendet wird, darunter rechnen.
An Gebäuden enthält Bendorf 203 Häuser und 166 Scheuern und Nebengebauten, wozu im Ort selbst noch das herrschaftliche Kelterhaus und die Zehndscheuer, außerhalb aber die herrschaftliche Ziegelhütte, die Eisenschmelz, der Laager Hof und eine Oelmühle kommen. Im Flecken zahlet man außer denen die im Wittwen- und ledigen Stande leben, 207 christl und 13 judische Ehen und Familien, welche mit ihren Kindern und fremdem Gesinde eine Anzahl von Seelen ausmachen.
Oeffentliche Betteley, die sonst aus den benachbarten Dorfern außerordentlich und fast unerträglich war, wird seit einigen Jahren nicht mehr zugegeben. Ein Policeydiener muß die Straßen rein halten die Almosen werden von zwey vorzüglichen Burgern in einer verschlossenen Büchse eingesammelt, bey Amt abgezahlt und hievon nicht nur wahre einheimische Arme ernährt und in Krankheiten verpflegt, sondern auch armen Kindern zur Erlernung eines Handwerks, des Rechnens, Schreibens etc Unterstützung verschafft, fremden armem Reisenden ein gutes Viaticum mitgeteilt und Collectanten aus den Beytragen abgefertigt, welche die Kirchen-, Hospital- und Gemeinde-Aeraria jährlich dazu hergeben müssen.
Schreibe einen Kommentar