„Nur der, dem seine Heimat lieb und teuer ist,

wird mit warmem Herzen ihr ergeben sein

und in der Liebe zu ihr stets den Ansporn und die Kraft finden,

für sie zu streben.“

P.P Ohlig

Bendorf wurde in den ersten Jahrhunderten Bedindorp und auch Bedendorf genannt. Die Bedeutung von Bendorf im Mittelalter wird wohl am deutlichsten bewiesen durch die Namen wohlhabender Bürger und adeliger Geschlechter, die uns aus dem 14., 15. und 16. Jahrhundert überliefert sind. In alten Urkunden werden als wohltätige Bürger aufgeführt: Balthasar Molitoris, der Schöffe Jakob Mörsch, Hermann Mant von Limpach, Hermann von Betindorp, Heinrich von Limpurg, Johannes Moor von Bettindorp, Bonifatius von Bedendorf, die Familien Scoltus und Ludemann, Kanzler des Kurfürsten Johann von Baden. Der berühmte Abt von Rommersdorf, Kraffte, stammte ebenso wie Theoderich, Bischof von Worms, der am 1. Januar 1580 nach 28-jähriger Regierung starb, aus der adeligen Familie von Bettendorp. Des letzteren Denkmal steht auf der linken Chorseite des Domes zu Worms. Im Bürgertum unseres Städtchens wurde Handel und Gewerbe fleißig gepflegt, Ein ausgedehnter Weinbau wurde betrieben. Die Kurfürsten von Trier, Jakob von Baden (1508) und Richard von Greiffenklau (1511) befreiten die handeltreibenden Bürger von Bendorf vom Moselzoll.

Der Handwerkerstand war in Zünften zusammengeschlossen und übte seine Standesrechte in drei Gliederungen aus: der Faßbinder-, der Hammer- und der Rotgerberzunft. Zur Faßbinderzunft gehörten die Böttcher und Weinküfer; zur Hammerzunft die Schmiede, Schlosser, Schreiner, Zimmerer, Maurer und Anstreicher; zur Rotgerberzunft die Gerber, Schuhmacher und Sattler. Die Faßbinderzunft lebt heute noch in der Thomasbruderschaft fort, Nach dem Bruderachaftsstatut soll laut Vermerk aus dem Jahr 1638, die Zahl der Mitglieder 20 und 4 betragen (die doppelte Zahl des Apostelkollegiums, in welchem die Brüder und die Brüdermeister ein Vorbild für ihren Lebenswandel erblicken sollen), Die Hammerzunft, in der sich haupsächlich das Baugewerbe vereinigte, bestand bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Das Bendorf zu der damaligen Zeit ein durch Handel und Gewerbe hervorragender Ort war, geht aus der Verleihung des Marktrechtes hervor, welches 1560 auf Betreiben des Grafen Adolf von Sayn durch Kaiser Ferdinand I. erfolgte. Die Urkunde darüber ist ausgestellt in Wien am 20. September 1560.

Beinahe 400 Jahre haben die Bendorfer Märkte stattgefunden, bis der Krieg auch ihnen, wie so vielen anderen, wenn auch nicht, wie wir Bendorfer hoffen, für immer, so doch ein zeitweiliges Ende gemacht hat.

Im 16. und 17. Jahrhundert trat durch Erbschafts- und Lehnsstreitigkeiten öfterer Besitzwechsel in den einzelnen Landesteilen der Grafschaft Sayn ein. Die Abtei Laach machte nach dem Tode des 1636 als Kind verstorbenen Grafen Ludwig von Sayn Eigentumsansprüche auf Bendorf und nahm am 30. 6. 1636 mit kurkölnischer Hilfe Bendorf in Besitz. Sie gründete ihre Besitzrechte auf die Schenkung des Pfalzgrafen Heinrich aus dem Jahre 1093 und behauptete, daß dem Grafen von Sayn nur die Schutz- und Schirm – Gerechtigkeit zugestanden habe während das Eigentum ihr kraft einer „Fundation Henerici Comitis Palatini Rheni et domini de Lacu de Anno 1093“ gehöre und sie das Schutzrecht nach dem Erlöschen des Mannesstammes im Sayner Grafengeschlecht nun selbst auszuüben berechtigt sei.

Laach ließ seine Wappen anschlagen und sich in Gegenwart eines kaiserlichen Notars und zweier Zeugen von den Einwohnern huldigen. Das Gericht wurde, wie es bisher in Bendorf bestanden, mit dem nötigen Stadthalter, dem Gerichtsschreiber, den Schöffen und Frohnen besetzt.

Diese Besitznahme Bendorfs durch Laach gab den Anlaß zu einem bis 1790 mit Waffen und Advokaten geführten Prozeß, der jedoch unentschieden blieb, Außer Laach traten eine ansehnliche Zahl von Interessenten auf, welche nach dem Besitz der Herrschaft Bendorf strebten: Unter ihnen hauptsächlich die Grafen Sayn-Wittgenstein, Kurtrier, Kurpfalz, Sachsen-Eisenach und die Königin von England. Ein Beweis mehr, daß Bendorf in jener Zeit ein wohlhabender und begehrter Ort war.

Am 28. November 1636 erhielt das altehrwürdige, 1204 erbaute Gotteshaus durch Kaiser Ferdinand III das Protektorium Caesareum, den kaiserlichen Schutz, unter Androhung hoher Strafen gegen jedermann, der es wagen würde dieses in dem ergriffenen Besitz des Fleckens Bendorf zu stören. Als Erbauer der alten romanischen Kirche werden die Grafen Heinrich und Bruno von Sayn, der Burggraf Ludwig von Hammerstein und die Ritter Theoderich von Hadamar und Wippert von Rübenach genannt. Der Miterbauer Graf Bruno von Sayn war damals Probst in, Bonn und Pastor von Bendorf und Engers. Er starb 1208 als Erzbischof von Köln.

Zur Unterhaltung des in Bedendorf (Bendorf) residierenden Vikars dienten die Einkünfte aus 12 Morgen Ackerland, dem Zehnten in Bendorf und Stromberg, 2 Morgen Weinberg, ferner standen ihm zu: jährlich 4 Malter Gerste, 3 Ohm Wein, der sogenannte kleine Zehnte von Geflügel, Eier und Gartenpflanzen. 1468 schenkte Ritter Hermann von Limbach, der in Bendorf wohnte und ohne Erben starb, sein ganzes Vermögen zur Stiftung einer Kaplanei.

Bendorf, Kirchplatz

Um den Besitz des Gotteshauses wogte, seit Ende des 16. Jahrhunderts, durch den Religionswechsel des Grafen Heinrich IV. zu Sayn ein Kampf zwischen den bisherigen Besitzern, den Katholiken und den von ihrem Landesherren begünstigten Anhängern der neuen Lehre, den Lutheranern. Die letzteren hatten 1624 die Kirche inne, mußten sie nach der Besitzergreifung durch Laach wieder den Katholiken überlassen, welche dann auf ihr Anrecht 1651 – nachdem auf Grund des Art. 4, § 36, des Westfälischen Friedens der Gräfin Louisa Juliana, Witwe des Grafen Ernst von Sayn, Bendorf zugesprochen worden war – verzichten mußten.

Ungeachtet der obengenannten kaiserlichen Verordnung, drang der Freiherr von Metternich am 5. Februar 1638 mit seinen Soldaten in Bendorf ein, verdrängte Laach, entfernte die Hoheitszeichen der Abtei und erklärte im Namen des Kurfürsten von Bayern, als dem Landesherrn der Pfalz, Bendorf als pfälzisches Lehen. Die der Abtei Laach treugebliebenen Einwohner wurden durch Hunger und andere gewaltsame Mittel zur Huldigung gezwungen. Von der Abtei Laach erwirkte kaiserliche Mandate vom 16. November 1638, 10. Juni 1639, 17. Oktober 1639, 1. Dezember 1645, Bendorf sofort zu räumen, wurden von Metternich nicht beachtet, da der 30-jährige Krieg die Reichsgewalt fast vollständig geschwächt hatte.

Von einem anderen Überfall fremden Kriegsvolkes in Bendorf berichtet der Bendorfer Vogt Nikolaus Vadeler im Jahre 1632 wie folgt:

Designation…

und Verzeichnis, was bei dem plötzlichen Ein- und Überfall des Braunfeldischen Volkes, so am 16. Mai 1632 allhier zu Bendorf über Nacht gelegen und in höchster Wahrheit als 1000 Personen und über 156 Pferde sampt anderem Troß gewesen., und ist solche Gewalt schweren Einfall desto verderblicher, weil um solchen Volkes halber keine Leut gewußt, bis es hart vor den Pforten gewesen, deren Ursachen niemand gewußt noch fortgeschafft werden können.

Das Verzeichnis führt dann alle betroffenen Bürger namentlich auf und gibt einen erschrecklichen Überblick über alles, was bei dem unerwarteten Überfall beschlagnahmt und geplündert worden ist. Unter anderem heißt es:

„geld, so mit entwendet und geraubt worden ist 230 fl. Ahn Wein, weil die Nachbarn entwichen waren, ist aus dem Keller getragen und gesoffen im Haus worden, ongefähr 2 Ohm. Jtem haben sie mir genommen 3 Spanferkel, 5 fette Gantz, dieselben wert sind weiß ich auch nit. Jakob Kohl ist ausgewischen gewesen: 1Fendrich, sampt etl. Persohnen, Pferde, Weiber, Kinder gehabt, ist ihn allein am Wein uffgegangen 111/2 Ohm, ahn Kost und Futter, darneben ihme ein Federdeckbett gestohlen, ingleichen 2 Kessel, ein Schwein getötet, Fütterung Hafer und Heu, l großer Krug mit Essig, Butter l1/2 Maß 43 R. Johannes Scheffler, so Wein in seinem Keller liegen gehabt, aber von Soldaten uffgebrochen und ahn 3 Ohm herausgetragen. H. Haas, so alle an Geld und Geldswerth heimlich verborgen gehabt, aber gefunden und gestohlen, was in allem 93 R. (Reichstaler) . .

Am Schluß der langen Aufzeichnungen, von denen der kurze Auszug ein kleines Bild der an den Bürgern verübten Gewalttaten gibt, schreibt Vogt Vadeler:

„Sonntag zu Mittag ist der Obristwachtmeister uffgebrochen, ihme 34 Reichstaler geben müssen, weil die Kirchenplünderung verschont worden. Der Ahnfang ist Samstag, der Aufbruch aber Sonntag geschehen. Über die Soldaten wird nit so große Klage geführt als über die Fuhrleut. Alles uffgepackt und gestohlen, waren bei der Rückkehr schwer beladen,“

In den sieben Jahren der Gewaltherrschaft des Freiherrn von Metternich wurde den Einwohnern von Bendorf übel mitgespielt. Wichtige Schriftstücke und Urkunden wurden vernichtet und gingen unwiderbringlich verloren. Ein wertvolles Stück des Bendorfer Stadtwaldes in der Größe von 100 Morgen wurde dadurch Bendorf genommen. Die Ursache dieses Verlustes liegt um 18 Jahre vor dem Einbruch Metternichs zurück.

Der Verwalter des Grafen von Isenburg zu Grenzau ließ durch sein Gesinde in diesem Stück Wald unberechtigterweise das Vieh weiden und ohne Erlaubnis Holz entnehmen. Da den Bendorfer Mahnungen, dies zu unterlassen, nicht nachgekommen wurde, pfändeten die Bendorfer das im Wald angetroffene Vieh und trieben es nach Bendorf. Darüber geriet der Graf von Isenburg in Wut und nahm 2 Bendorfer Bürger sowie 2 Gerichtsschöffen gefangen, warf sie in ein finsteres Verließ der Grenzauer Burg, verlangte von Bendorf 1000 Reichstaler Strafe und 650 Gulden Unkosten.

Da Bendorf nicht zahlte, nahm er aus dem in der Pfalz befindlichen Kriegsheer Spinolas, dem sein Regiment angehörte, zwei Kompagnien Soldaten, quartierte sie in Bendorf ein und ließ diese nun nach Gefallen hausen. Sechs Wochen lang wurden die Einwohner drangsaliert. Der damalige Schaden wurde auf 10-12000 Gulden berechnet. Alle Bemühungen, die unschuldig eingekerkerten Bürger zu befreien, scheiterten obwohl dem Isenburger eine hohe Kaution bis zur Entscheidung des Streites für die Freilassung geboten worden war. Der Graf von Isenburg verlangte den 100 Morgen großen Teil des Bendorfer Waldes.

Jahr und Tag zogen sich die Bemühungen hin. Zwei der Gefangenen starben eines elenden Todes, Um die beiden anderen zu retten, unterzeichneten Bürgermeister und Schöffen den erpreßten Verzicht auf den Waldteil „Frankenhard“ der sich jetzt im Besitz der Gemeinde Nauort befindet und heute noch Bendorfer Ort genannt wird.

Durch die Wirren des 30-jährigen Krieges konnte die Bürgerschaft ihre Rechte nicht geltend machen und eine Gutmachung des Unrechts nicht erreichen. Der Kaiser, an den man sich gewandt hatte, verwies die Sache an den 1651 in Nürnberg versammelten Reichskonvent. Da jedoch die von Freiherrn von Metternich während der Invasion verschleppten Urkunden nicht herbeigeschafft werden konnten, blieb das Unrecht bis auf den heutigen Tag ungesühnt.